Was will das neue Datenschutzgesetz?

Das neue schweizerische Datenschutzgesetz (DSG) und die damit verbundenen Anpassungen weiterer Gesetze sind nicht nur eine Revision eines alten Gesetzes, sondern eine Totalrevision. Diese Revision soll sicherstellen, dass die Gesetzgebung des Bundes mit dem Übereinkommen SEV 108 des Europarates vereinbar ist und darüber hinaus die EU-Richtlinie 2016/680 (Schengen) übernehmen kann. Dadurch soll insgesamt die Gleichwertigkeit des Schweizer Datenschutzniveaus mit demjenigen in den EU-Mitgliedstaaten für die Zukunft weiterhin gewährleistet werden. Folgende Bereiche dürften die grössten Neuerungen darstellen (aus den Erläuterungen des Bundesamtes für Justiz zur Revision des Datenschutzgesetzes):

Änderung des Geltungsbereichs des künftigen DSG

Mit dem DSG-Vorentwurf wird vorgeschlagen, auf den Schutz der Daten juristischer Personen zu verzichten. In den datenschutzrechtlichen Bestimmungen der Europäischen Union und des Europarates sowie der meisten ausländischen Rechtsordnungen ist kein solcher Schutz vorgesehen. Der Schutz von Daten juristischer Personen sei nur von geringer praktischer Bedeutung. Wenn er aufgehoben werde, solle dies keine negativen Auswirkungen haben, insbesondere mit Blick auf den Schutz, der durch andere spezifische Gesetze gewährleistet werde (Persönlichkeitsschutz, unlauterer Wettbewerb, Urheberrecht). Diese Änderung soll zudem die Bekanntgabe von Daten an ausländische Staaten erleichtern, welche keinen Schutz der Daten juristischer Personen vorsehen.

Erhöhte Transparenz von Datenbearbeitungen und verstärkte Kontrolle durch die betroffenen Personen

Die Transparenz von Datenbearbeitungen soll erhöht werden. Die Informationspflicht wird bei der Datenbeschaffung auf alle Datenbearbeitungen durch private Verantwortliche ausgeweitet. Dies kann auf standardisierte Weise erfüllt werden, zudem sind Ausnahmen vorgesehen. Darüber hinaus führt die Vorlage eine Informationspflicht bei vollständig automatisierten Einzelentscheidungen (z. B. Entscheidungen, die ausschliesslich auf Algorithmen beruhen und ohne menschliches Eingreifen getroffen werden – wie Bonität) ein sowie das Recht der betroffenen Person, in diesem Fall ihren Standpunkt geltend zu machen. Gemäss dem VE müssen der betroffenen Person auch mehr Informationen vorgelegt werden, wenn diese ihr Auskunftsrecht geltend macht.

Die Rechte der betroffenen Personen werden in verschiedenen Punkten klarer definiert. Unter anderem ist im DSG-Vorentwurf ausdrücklich das Recht auf Löschung der Daten festgehalten, während dies im DSG nur implizit erwähnt ist. Ausserdem wird der gerichtliche Zugang erleichtert, indem Verfahren gegenüber privaten Verantwortlichen von den Gerichtskosten befreit werden.

Stärkung der Stellung und Ausbau der Befugnisse und Aufgaben des Beauftragten

Die Stellung und die Unabhängigkeit des Beauftragten (EDÖB) werden gestärkt. Der DSG-Vorentwurf sieht vor, dass der Beauftragte – wie seine Kolleginnen und Kollegen in den anderen europäischen Ländern – nach Abschluss einer Untersuchung, die von Amtes wegen oder auf Anzeige hin eingeleitet wurde, Verfügungen erlassen kann, die für die Verantwortlichen und die Auftragsbearbeiter verbindlich sind. Nur das Bundesorgan bzw. die private Person, gegen das bzw. die die Untersuchung eingeleitet wurde sind in einem Untersuchungsverfahren Partei.

Allerdings soll, entgegen den Vorgaben des Übereinkommens SEV 108, darauf verzichtet werden, dem Beauftragten auch die Kompetenz einzuräumen, direkt Verwaltungssanktionen auszusprechen. Stattdessen soll die Möglichkeit einer strafrechtlichen Sanktionierung in Form von Bussen geschaffen, resp. stark verschärft werden.

Förderung der Selbstregulierung

Die Revision soll die Entwicklung der Selbstregulierung und die Eigenverantwortung der Verantwortlichen fördern. Um deren Aufgaben zu erleichtern und eine bessere Einhaltung des Gesetzes sicherzustellen, hat der Beauftragte unter anderem die Aufgabe, Empfehlungen der guten Praxis zu erarbeiten. Dabei handelt es sich nicht um eine völlig neue Kompetenz, denn der Beauftragte veröffentlicht auf seiner Website bereits allgemeine Empfehlungen. Diese Aufgabe soll in Zukunft ausgebaut werden. Der Beauftragte muss für die Erarbeitung der Empfehlungen die interessierten Kreise einbeziehen. Diese können auch ihre eigenen Empfehlungen erarbeiten und sie vom Beauftragten genehmigen lassen.

Mit den Empfehlungen der guten Praxis können in Bereichen, in denen gegenwärtig zahlreiche Fragen aufgeworfen werden, genauere Regeln festgelegt werden. Ausserdem lassen sich bestimmte Begriffe sowie die Modalitäten einiger Rechte und Pflichten präzisieren, und die Eigenverantwortung des Verantwortlichen kann gefördert werden. Die Empfehlungen der guten Praxis haben keinen bindenden Charakter. Hält ein Verantwortlicher sie jedoch ein, befolgt er damit diejenigen Gesetzesbestimmungen, die durch die Empfehlungen konkretisiert werden.

Ausbau der strafrechtlichen Sanktionen

Der strafrechtliche Teil des DSG wird in vielfacher Weise ausgebaut. Damit soll insbesondere kompensiert werden, dass dem Beauftragten entgegen den völkerrechtlichen Vorgaben und im Gegensatz zu praktisch allen seinen Kolleginnen und Kollegen im europäischen Ausland nicht die Möglichkeit eingeräumt werden soll, Verwaltungssanktionen zu verhängen. Die im Rahmen des Strafrechts vorgesehenen Bussen sollen auf maximal  500 000 Franken erhöht werden und nicht vom Umsatz des Fehlbaren abhängig sein; die Liste der strafbaren Verhaltensweisen wird an die neuen Pflichten der Verantwortlichen und der Auftragsbearbeiter angepasst; es wird ein mit Freiheitsstrafe bedrohter Straftatbestand bei Verletzungen der beruflichen Schweigepflicht eingeführt und die Verfolgungsverjährungsfrist bei Übertretungen verlängert.

Was nun?

Wir haben diese Themenbereiche absichtlich noch nicht kommentiert. Die Vernehmlassungsantwort für den DSG-Vorentwurf muss bis am 4. April 2017 beim Bundesamt für Justiz eingereicht werden. Hier kann dargelegt werden wie detailliert, ob und wie streng oder allumfassend das Thema geregelt werden muss. Der SDV arbeitet mit vielen anderen Verbänden und weiteren Stakeholder, wie auch unseren Mitgliedern zusammen. Wir alle werden uns fundiert zu diesem Vorentwurf des Datenschutzgesetzes äussern. Das letzte Wort dürfte indessen noch nicht gesprochen sein.